Das Cartell

Österreichischer Cartellverband

Cartellverband bleibt Männerbund

Sturer Männerbund

Die engagierten Versuche des linken Flügels im Österreichischen Cartellverband, im Vorjahr endlich die „Öffnung“ des zum Teil immer noch überaus traditionsbewußten und einst zum Segen für Österreich außerordentlich einflußreichen Männerbundes durchzusetzen, sind wieder einmal gescheitert. Es sollte die seit drei Jahrzehnten (davor stellte sich das „Problem“ erst gar nicht) durch den obstinaten Widerstand einer konservativen Mehrheit verhinderte Aufnahme von Damen durch eine allgemeine „Befragung“ aller Mitglieder des Verbandes dermaßen massiv propagiert werden, daß alle weiteren Widerstandsversuche in sich zusammenbrechen würden. Freilich scheiterte dieses strategische Konzept schon im Ansatz; lediglich und im Vergleich zu Wahlbeteiligungen in Österreich eher kümmerliche 54 Prozent der Mitglieder waren an der Frage so interessiert, daß sie bereit waren, ihre Stimme auch abzugeben. Große Verbindungen weigerten sich geschlossen, an der völlig unüblichen Befragung, die wohl zu Recht als Propagandacoup der Modernisten angesehen wurde, überhaupt teilzunehmen. Und von jener Hälfte des Verbandes, die abstimmte, wobei davon ausgegangen werden kann, daß die Befürworter einer „Öffnung“ des Verbandes für Frauen wohl alle zur Abstimmung geeilt sein werden, entschied sich nur in der Kurie der „Alten Herren“ eine blamabel knappe Mehrheit für diese Neuerung (vielleicht die Alt-68er?), während in der Kurie der „Burschen“ die Mehrheit vernünftigerweise dagegen optierte. Tatsächlich alle Mitglieder des Verbandes befragt, ergäbe das wohl eine breite Mehrheit gegen das gewagte Experiment.

Auf der folgenden Cartellvollversammlung in Brixen wurde dann die Frage von den für die Abstimmung solcher Angelegenheiten zuständigen Delegierten mit großer Mehrheit erneut verworfen. Der liberale Flügel im Cartellverband (ein Widerspruch in sich) war darob, wie üblich, tief betroffen und erging sich in Beleidigungen Andersdenkender. Man will dort nicht einsehen, daß es hier nicht um „Ignorieren“ von „Potentialen“ oder um „Geringschätzung“ des anderen Geschlechts geht. Den Liberalen ist die Erkenntnis abhanden gekommen, daß eine Struktur wie der Cartellverband viel mit einem Orden gemein hat. Und Orden sind nach Geschlechtern getrennt; was seinen guten Grund hat. Ein Mann kann auch nicht Äbtissin eines Damenstiftes werden (außer vielleicht derzeit in den progressiven Diözesen Mitteleuropas und weil man Damenstifte ruinieren möchte). Es gibt, das wußte die Menschheit schon in der Steinzeit, nur heute werden wir dümmer, zwei verschiedene Geschlechter; dem entsprechend gibt es auch geschlechtsspezifisch zugeordnete und organisierte Strukturen; diese sind so eingerichtet, weil sie anders nicht funktionieren würden. Arbeitsteilung nennt man das. Der liebe Gott hat es so gewollt.

Der liberale Flügel im CV von heute aber jammert gerne über die dem ehemals mächtigen Verband abhandengekommene „gesellschaftspolitische Relevanz“ und vermutet den Grund etwa in „der Angst vor der emanzipierten Frau“; überhaupt „muß“ sich der Verband weit, weit öffnen, da er sonst völlig ins „out“ gerät: „Öffnung“ nicht nur für fortschrittliche Emanzipationsideen, auch für Protestantismus, für Linke, für Homosexuellenaktivisten, für alles, was entweder zu den eigenen Strukturen oder zur, dem Verband eigentümlichen, Weltanschauung nicht paßt. Nur keine Geschlossenheit, nur keine Effizienz, nur keine Rückwärtsorientiertheit ist das Motto. Richtig an der Analyse ist, daß die politische Macht von einst nicht mehr da ist; der Grund dafür liegt freilich im Linksruck der 60er Jahre, der in die einst geschlossen militant-konservativ-Katholische Manövriermasse des Verbandes liberale Aufweichung implantierte. Ein Panzer mit Getriebeschaden und Ladehemmung, um einen naheliegenden bildlichen Vergleich zu bemühen, verliert eben seine „gesellschaftspolitische Relevanz“; und die Umwandlung in ein Strandcafe mit „life-ball“ wird diese eher nicht denn schon wiederherstellen. Auch die stets gerne bemühten Hinweise auf im CV angeblich um sich greifenden Mitgliederschwund leiden unter mangelnder Benennung der wirklichen Gründe: diese sind in erster Linie im drastischen Identitätsverlust zu finden. Wer geht schon zu einem Verein, der sich von seiner Vergangenheit lossagt, seine Gegenwart nicht bewältigt und für die Zukunft bestenfalls das Szenario einer möglichst weitreichenden Kollaboration mit der Linken, also dem weltanschaulichen Gegner, anbieten kann?

Ein liberaler CV hat in der Tat keine Zukunft. Und die sehnlichst angestrebte „Öffnung“ für dies und das und alles Mögliche zerstört dann jenes, was selbst sinnentleert noch aufrecht steht und bis jetzt noch überdauert hat — die überlieferte Struktur. Dann freilich wäre es wirklich zu Ende; das Kapitel CV in Österreich könnte dann tatsächlich abgeschlossen werden. Leider ist es noch nicht so weit; man wehrt sich noch; noch kollaborieren nicht alle; die Linke wird auf die völlige Selbstdemontage des Cartellverbandes noch warten müssen. Und das ist gut so, denn das Katholische Couleur hat Großes und Gutes für Österreich bewirkt. Reformiert es sich, wobei hier Reform im Sinne des Konzils von Trient als Wiederherstellung des bewährten Alten zu verstehen ist, dann wird es an die eigene erhabene Tradition und machtpolitische Bedeutung und gesellschaftsrelevante Wirkmächtigkeit wieder anknüpfen können; zum Segen für das ganze Land und die kommenden Generationen.

Streng konservative CV- und MKV-Verbindungen übrigens kümmern sich nicht um liberale Analysen und haben unerlaubterweise regen Zulauf. Und konserative Damen treffen sich eben in Damenzirkeln oder treten ins Kloster ein — ins Frauenkloster freilich.

Von Albert Pethö, Bajuvaria