Das Cartell
Wie Karl Renner Österreich verraten hat

Die braunen Flecken der SPÖ: Wie der kleine, dicklich-zappelnde Karl Renner (der von der Linken hochgefeierte SPÖ-Politiker der Zwischen- und Nachkriegszeit) sich am 3. April 1938 den National-Sozialisten zur Anschlußpropaganda anbot

 

Ernst Panzenböck gibt in einer Publikation (Quelle siehe unten) des linkslinken „Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung“ ein Gespräch mit Thomas Kozich (SA-Führer, 1938 Wiener NSDAP-Vizebürgermeister), einem Augenzeugen des nachfolgenden Geschehnisses, im Wortlaut wieder, der Renners Vorsprache auf Vermittlung von Seitz beim Wiener NSDAP-Bürgermeister Neubacher (Generaldirektor der GESIBA – kommunaler Wohnbau im roten Wien, ab 1933 Mitglied der illegalen NSDAP, vom 13. März 1938 bis 1939 NSDAP-Bürgermeister von Wien, 1940 bis 1945 „Sonderbeauftragter Südost, nach dem Krieg zu 20 Jahren Haft verurteilt) erhellt:

Renner „ist dann hereingekommen, und ich sehe ihn heute noch vor mir, es war ein kleiner, ziemlich dicker Mann, ich weiß nicht, es wird vielleicht schon jeder einmal erlebt haben, daß diese kleinen dicklichen Männer so zappelige Bewegungen machen, und mit so einer zappeligen Bewegung ist Renner hereingekommen, und noch bevor er Platz genommen hat, hat er gesagt: „Ich danke ihnen, Herr Bürgermeister“, er hat zum Unterschied von Seitz „Bürgermeister“ zum Neubacher gesagt, „daß sie mich empfangen haben, denn ich muß ihnen sagen, die glücklichste Stunde meines Lebens ist gekommen.“

Neubacher hat gesagt: „Wie soll ich das verstehen?“ Da hat er gesagt: „Ja, sie wissen ja, daß der Artikel I (es sollte wohl heißen II, Anm. Ernst Panzenböck, siehe unten) der alten Bundesverfassung, „Österreich ist ein Bestandteil der großdeutschen Republik“ von mir stammt.

Neubacher hat gesagt: „Ich freue mich darüber, das zu erfahren, und möchte nur fragen, was ich da machen kann!“ „Ja, ich möchte sie bitten, daß sie mir die Möglichkeit verschaffen, entweder in der Zeitung oder in Aufrufen, die man auf Plakaten drucken könnte, die alten Sozialdemokraten Wiens in meinem Namen aufzurufen, am 10. April für Großdeutschland und Adolf Hitler zu stimmen.“

Neubacher hat zu ihm gesagt: „Ich freue mich sehr über ihre Absicht, aber sie wissen ja, ich bin ein Verwaltungsbeamter, und das ist eine hochpolitische Angelegenheit. Ich kann darüber nicht entscheiden, aber wenn es ihnen paßt, werde ich mit meinem Freund Kozich zu Bürckel hinüberfahren und werde ihm das vortragen. Wir können ihnen die Entscheidung dann eventuell telephonisch übermitteln.“

„Ich bitte darum, hier ist meine Telephonnummer.“

… In einer halben Stunde ist der Anruf (vom Hitlerstellvertreter Rudolf Hess, Anm. Ernst Panzenböck) gekommen. Das kommt nicht in Frage, daß ein Aufruf in der Zeitung und auch auf Plakaten nicht, aber wenn der Renner will, so wird der Reichspressechef entweder persönlich kommen oder er wird jemanden zu ihm nach Wien schicken ihn interviewen, und das wird veröffentlicht werden.

Wir haben Renner verständigen lassen, und Renner hat geantwortet: „Ich bitte darum.“ Das ist ja dann zustande gekommen.“

Hinweis

In der Übersicht „Die braunen Flecken der SPÖ“ findet sich unter „1938“/Renner eine einführende Bemerkung mit Wiedergabe des Interviews im „Neuen Wiener Tagblatt“ (siehe Renner zur ersten Republik: „20jährige Irrfahrt“), das der vom Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß geschickte Reichspressechef (oder dessen Vertreter) mit Karl Renner geführt hat.

Quelle

Interview mit Direktor Thomas Kozich am 23. August und 1. September 1972 in Wien durch Dr. Isabelle Ackerl, Schreibmaschine-Manuscript, S. 49 ff., im Archiv der Wissenschaftlichen Kommission des Theodor-Körner-Stiftungsfonds (wie passend, wer Körners Ansicht über KZ-Insassen kennt, die der Historiker Ratkolb 2008 veröffentlicht hat) und des Leopold-Kunschak-Preises zur Erforschung der österreichischen Geschichte der Jahre 1918 bis 1938, publiziert in: Ernst Panzenböck, Ein deutscher Traum, Die Anschlußidee und Anschlußpolitik bei Karl Renner und Otto Bauer (Ludwig-Boltzmann-Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung: Materialien zur Arbeiterbewegung), Wien: Europaverlag, 1985, S. 204–205)