© Schneeweiß-Arnoldstein, 13. Juli 2004
Der sonderbare Umgang mit der Realität — Reaktionen zum Ableben von Cbr. Dr. Thomas Klestil
Schüssels lobhudelnder Nachruf machte fast glauben, es sei noch jemand (diesfalls von untadelhaftem Charakter) verstorben. Ist aber nicht. Mit dem wohlbekannten „De mortuis nil nisi bene“ sind des Bundeskanzlers Worte auch nicht erklärbar. Der Tote sei ein „unbeirrbarer Patriot“ gewesen, hörte man da mit Erstaunen, so, als hätte es die dubiose Rolle Klestils bei der Verhängung der Sanktionen im Februar 2000 nicht gegeben, als hätte Klestil nicht noch im Jahre 2003 in einem Gespräch mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ im Zuge seiner Unmutsäußerungen ob der Pensionsreform nicht laut über die Möglichkeiten zur Entlassung des österreichischen Bundeskanzlers nachgedacht — von Patriotismus ist wenig zu bemerken, wenn interne politische Diskussionen (und das Verhältnis persönlicher Feindschaft zwischen Schüssel und Klestil) ins Ausland getragen werden. Welch mieses Charakterbild bleibt dann nur mehr für Schüssel übrig, wenn Klestil in all diesen Konflikten so honorvoll gewesen ist?
Er sei ein „volksnaher“ Präsident gewesen, hörte man. Die Steiermark und insbesondere Mürzsteg seien ihm besonders am Herzen gelegen, meinte die steirische Frau Landeshauptmann Klasnic, und vergaß dabei ganz, daß man sich in Mürzsteg in aller Öffentlichkeit darüber beklagte, wie abgehoben Klestil agiere, und ihm sogar den Sportplatz versperrte, auf dem er ungefragt mit dem Hubschrauber landete.
Der ORF, der zu Lebzeiten Klestils sich in nicht-endenwollenden Klestil-Verhöhnungen („mit großer Sorge …“) ergangen ist, betreibt eine unhinterfragte Schönfärberei und läßt seine Ansager vier Tage lang in schwarzer Kleidung moderieren.
S. E. Kardinal Christoph Schönborn beklagt zurecht, daß Würdigungen zumeist erst nach dem Ableben ausgesprochen werden. Thomas Klestil hatte sicherlich auch seine Verdienste. Auch. Gescheitert ist er — so Andreas Unterberger am 29. Juni 2002 in "Die Presse" — nicht am (von Klestil allein verschuldetem) Bruch seiner Ehe mit Dr. Edith Klestil, sondern am unehrlichen Umgang damit: Nach Klestils Tod mußte sich seine (kirchenrechtliche) Gattin Edith Klestil in die Schlange der Fremden einreihen, um sich von Thomas Klestil verabschieden zu können. „Edith Klestil — eine Verlegenheit für das Protokoll“, viel mehr fiel der linkskatholischen „Kleinen Zeitung“ dazu nicht ein.